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#31 I Abe gsunge, feat. Jodlerklub Könizbärg

Wie übt ein Jodlerklub seine Musik? Wie findet Zusammensein statt, und wieviele Konzerte hat man?

Um dies zu erfahren, habe ich mich beim Jodlerklub Könizbärg gemeldet. Der Klub wurde bereits 1934 gegründet, und weil sich Interessierte sowohl von Bümpliz als auch von Köniz meldeten, wurde er nach dem Hügel benannt, der die beiden Orte verbindet: dem Könizberg! Das Video zeigt seine Lichter, vom Gurten aus gefilmt.

 

Rolf Friederich, Vizepräsident und Mutationsführer des Vereins, hat mir sehr freundlich Auskunft gegeben über das Jodeln, über Berge, und über Heimat. Er ist in Köniz aufgewachsen. Nach der Lehre zum Hochbauzeichner lebte er ein paar Jahre in Genf und ein Jahr in Hamburg. Danach kehrte er nach Köniz zurück, trat 1966 in den Jodlerklub Könizbärg ein – und blieb.

 

Herr Friederich, Sie sind dieses Jahr 55 Jahre Mitglied im Jodlerklub Könizbärg. Eine beeindruckend lange Zeit! Können Sie sich an Ihre erste Chorprobe erinnern?

Das ist richtig, ja. An die erste Probe erinnere ich mich nicht. Ich weiss einfach, dass das im heutigen Restaurant Landhaus Liebefeld war, wo wir damals unser Übungslokal hatten. Wir haben uns dort jeweils versammelt, haben geprobt und anschliessend in der Gaststube ein Bier getrunken.

 

Wie war es im letzten Jahr – konnten Sie überhaupt proben?

Es war einfach mühsam. Dass wir plötzlich nicht mehr singen durften, war sehr traurig. Unsere Dirigentin hat uns dann mit WhatsApp Töne angegeben, damit wir stimmenweise mitsingen oder mitsummen konnten. Wobei das natürlich etwas komplett anderes ist. Die Kameradschaft fehlt schon sehr.

 

Gab es in Ihrer Zeit im Jodlerklub schon einmal eine solche Pause?

Nein. Einen solchen Unterbruch gab es sonst nie. (Anm. der Redaktion: eine längere Pause gab es gemäss Jubiläumsschrift bisher nur einmal, ein paar Jahrzehnte vorher: während des Zweiten Weltkriegs).

 

Was bedeutet Ihnen das Singen?

Es ist einfach eine Auflockerung. Und es ist gesund. Man hat eine gewisse Bewegung in der Lunge beim Singen. Und die Harmonie ist schön. Wie soll ich sagen – es hebt einfach die Stimmung!

 

Haben Sie ein Lieblingslied?

Nein, eigentlich nicht. Es gibt einfach manchmal Momente, wo man gerade ein Lied übt und es dann ganz wunderbar findet. Und wenn ich am Radio jemandem Glückwünsche sende, dann wünsche ich immer das Lied „Nöis Läbe“. Es passt einfach für fast jede Situation.

 

Am Anfang war der Jodlerklub Köniz ein Männerchor. Jetzt sind auch Frauen dabei. Wie kam es dazu?

Früher hiess es immer, wir seien ein reiner Herrenklub. Als vor etwa zwölf, dreizehn Jahren unser Dirigent aufgehört hat – der war Jutzer und konnte die Jodelstimmen übernehmen – haben wir eine Dirigentin gefunden. Sie hat dann auch Sängerinnen gebracht. Nun sind wir total 5 Frauen und 11 Männer. Es ist halt nicht jeder ein Jodler! Man sagt zwar, i ga go jodle, aber es gibt den 1. und 2. Tenor und den 1. und den 2. Bass. Diese singen einfach wie in einem normalen Männer- oder gemischten Chor. Und oben singen die Jutzer.

 

Die Jutzerstimmen sind also sehr hoch.

Jawohl, das ist alles Kopfstimme. Das kann nicht jeder. Das ist der Grund, warum wir auch Frauen im Chor haben. Wenn einer das kann, ist er ein Naturtalent. Das findet man nicht alle Tage.

 

Worum geht es in Jodelliedern?

Vielfach geht es um Landwirtschaft. Und um Jahreszeiten. Um Kameraden. Einfach um alles, was aus dem Leben gegriffen ist.

 

Könnte es auch einen Jodel geben, wo es um Architektur ginge, um das Leben auf einer Baustelle, wie Sie es im Beruf erlebt haben?

Nicht unbedingt. Jodellieder sind eher landschaftlich gemeint, nicht technisch. Es geht mehr um Gemütsregungen.

 

Könnte man einen Jodel über das Meer schreiben? Würde das passen?

Eigentlich weniger. Aber einfach deshalb, weil man sich ein Echo vom Meer schlecht vorstellen kann. In den Bergen hat man halt das Echo. Der Jodel gehört einfach in die Bergwelt, dünkt es mich. Er kommt ja auch vom Bauernstand, der allabendlich in die Berge hinausgerufen hat, und Freude hatte an den schönen Klängen, die zurückkamen.

 

Wie lange kann man jodeln? Gibt es einen Moment, wo man merkt, dass die Stimme langsam schwächer wird?

Normalerweise kann man bis ans Lebensende singen. Die Stimme wird einfach ein bisscher dünner. Es gibt einige, die sagen, ich kann nicht mehr singen, und die dann aufhören. Aber ich sage, man kann sicher bis 90 mitmachen, oder auch drüber.

 

Was denken Sie, wird das bei Ihnen auch so sein?

Ich könnte es mir schon vorstellen. Aber wenn ich daran denke, dass wir keine Jungen mehr finden, die sich verpflichten möchten, jeden Montag singen zu kommen, und mir überlege, wie das weitergeht, dann frage ich mich, ob ich dann irgendwann einfach alleine mit mir singen muss (lacht).

 

Auch der Eidgenössische Jodler-Verband erwähnt auf der Website das Problem des fehlenden Nachwuchses. Das scheint also vielerorts ein Thema zu sein. Tun Sie etwas Konkretes, um neue Mitglieder zu gewinnen?

Eine Zeitlang haben wir in Geschäften Plakate aufgehängt: komm doch auch singen, du kannst es auch, singen kann jeder! Das stimmt wirklich, singen kann jeder. Der eine ist dann vielleicht ein Solist, der jodeln kann, und der andere singt einfach mit. Normalerweise bringt man fast gar jeden zum Singen. Aber wollen muss man halt! Und es ist auch eine Aufgabe, jeden Montag an die Probe zu kommen. Normalerweise könnten wir jetzt ja gar kein Interview führen.

 

Das stimmt, es ist Montag Abend! Wären Sie normalerweise schon im Bier? 

Nein, wir proben bis kurz vor 22h. Bier gibt es erst danach.

(beide lachen)

 

Könnte eigentlich auch jemand zu ihnen singen kommen, der oder die nicht deutsch kann?

Ja sicher! Man muss halt einfach berndeutsch singen lernen. Aber das bekommt man schon hin.

 

Sie sind da also sehr offen.

Auf alle Fälle. Wir nehmen alle, die singen möchten, mit Freuden!

 

Ein sehr schönes Schlusswort. Herzlichen Dank für das Gespräch!

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Infos zum Jodlerklub Könizbärg: www.jodlerklub-koenizbaerg.ch