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#38 Burebrot

Brot und Zopf aus Anita’s Burebrotstube in Mittelhäusern sind in der ganzen Umgebung bekannt. Anita Zahnd steht seit über dreissig Jahren täglich um halb fünf, am Wochenende sogar um halb zwei in der Früh in der Backstube, „mit beiden Händen im Teig“. Zu Beginn ging es ihr einfach um einen Nebenverdienst. Sie buk Brote und bot sie auf einem Campingtischli im Hauseingang zum Verkauf an – es war etwas Kleines, was sie zuhause machen konnte, und was nebst Hof und der Betreuung von drei Kindern gerade noch so möglich war. Aber aus klein wurde rasch gross, aus einem Campingtischli wurden acht. Und es war klar, dass sie das Pensum nicht mehr alleine stemmen konnte. Heute hat Anita Zahnd zwanzig Mitarbeitende in Teilzeit, einen sehr grossen Hofladen und ein riesiges Netzwerk. Und wenn es die Zeit zuliesse, würde sie liebend gern noch mehr neue Produkte ins Sortiment aufnehmen – die Ideen dafür gingen ihr nie aus, sagt sie. Und die Energie – holzalänge! – auch nicht. 

 

Anita, die Burebrotstube hat ganz klein angefangen – und ist heute ein grosses Business. Wie bist du auf die Idee gekommen?

Wir haben 1985 den elterlichen Bauernbetrieb übernommen. Wir begannen mit Kühen und 500 Hühnern, zuerst in Bodenhaltung, dann Freiland. Dann kamen die Kinder, 1991 das dritte. Ich habe mir einen Backofen gekauft, einfach für mich. Zunehmend haben mich aber Freunde und Nachbarn gefragt, ob ich ihnen nicht auch ein Brot backen könnte. Und ich dachte, wenn ich schon Brot mache, könnte ich das ja auch auf eine Tafel schreiben – ganz einfach. Und Migottseel, das het vo Afang a ghoue! Es lief so gut, dass ich bald 4 Backofen in der Küche hatte und immer mehr Produkte herstellte, Konfitüren, Salatsaucen, alles Mögliche. Wir entschieden, die Kühe wegzugeben, und eine Backstube, einen Laden und ein Lager einzurichten.

 

1991 hast du angefangen. Und du hast vorhin gesagt, 1991 kam das dritte Kind… wie hast du das denn alles unter einen Hut bekommen, mit zwei Kleinkindern und einem Baby?

Ja, das frage ich mich manchmal auch (lacht). Das frage ich mich wirklich auch. Denn die Feldarbeit war ja auch noch, und zu Beginn hatten wir auch noch die Kühe. Wir gingen nicht in die Ferien, es lag einfach nicht drin. Ich muss sagen: ich arbeite halt auch gern! Das ist so. Ich brauche auch nicht so viel Schlaf. Manchmal kommt man zwar schon an Grenzen. Aber dann kommt wieder ein neuer Tag.

 

Du stehst seit Jahren an sechs Tagen pro Woche wahnsinnig früh auf. Gab es Tage, wo du dir überlegt hast, einfach mal liegen zu bleiben? 

Nein… Man kommt an Grenzen, wenn man gesundheitsmässig etwas hat. Wenn man Grippe hat und fast nicht mag, und trotzdem muss. Vor einem Jahr bin ich gestürzt und habe mir das Handgelenk gebrochen. Also musste ich einhändig arbeiten. Da frage ich mich manchmal schon, was ich mir da eigentlich angetan habe (lacht). Es geht, so lange es geht. Schwierig ist es auch, wenn jemand in der Familie etwas hat. Wenn man fast nicht schlafen kann, und dann trotzdem aufstehen muss. 

 

Das ist happig. Hast du einen Ausgleich?

So hobbymässig meinst du?

 

Vielleicht, oder vielleicht auch etwas Kleines, was dir gut tut, zum Beispiel ein heisses Bad?

Also wenn ich das Gefühl habe, ich brauche jetzt ein heisses Bad, dann mache ich das schon. Früher hatte ich einen Hund, das gab mir Ausgleich. Seit er gestorben ist, habe ich zwei Katzen, die geben mir auch viel. Klar, ich habe sehr wenig Freizeit. Unter der Woche bleibt vieles liegen in der Haushaltung, dann muss man das halt am Sonntag machen. Weil am Abend mag man fast nicht mehr.

 

Ihr habt mit Hühnern und Kühen angefangen auf dem Hof. Habt ihr sie übernommen, oder war es eure Entscheidung?

Kühe hatte der Vater, Hühner nicht. Damals war es Mode, dass man 500 Hühner in Legehennen-Haltung hatte. Als ich angefangen habe mit der Direktvermarktung nahm das Dimensionen an, dass die Zeit und der Platz für die Kühe fehlte, und wir sie weggeben mussten. Mein Mann konnte sie sehr gut abgeben. Anderen wäre es schwerer gefallen, es gibt einige, die hängen so stark an ihren Kühen. Es war einfach ein logischer Schritt wegen der Nachfrage. Wenn es bei mir stagniert und nicht immer mehr gestiegen wäre, hätte ich es nicht gemacht, und wir hätten die Kühe behalten.

 

Nun hast du ganz viele Mitarbeitende. Sind das häufig Frauen mit Kindern?

Ja, schon. Sie arbeiten einen oder zwei Tage, und können nur arbeiten, wenn die Kinder nicht Ferien habe. Es gibt auch Pensionierte, die spontan bei der Ernte mithelfen können. Es kommen eigentlich alle aus der Umgebung, aus einem Umkreis von etwas fünf Kilometern.

 

Dann ist deine Burebrotstube auch eine Art Treffpunkt?

Genau. Und für die, die hier arbeiten, koche ich am Mittag.

 

Eine zusätzliche Aufgabe für dich also!

Ja! Eine Herausforderung manchmal (lacht).

 

Von den Landwirten, die ich kenne, weiss ich, dass es für kleine Betriebe heutzutage sehr hart ist.

Wir kamen auch manchmal an Grenzen, und überlegten uns, ob einer von uns auswärts arbeiten sollte, damit es aufgeht. Ich wusste einfach, dass ich etwas machen wollte, wo ich zuhause sein konnte – wegen der Kinder. Mit der Direktvermarktung war ich damals noch fast allein. Es hat mich einfach extrem interessiert. Aber gell – man weiss ja gar nicht, wie das dann ausartet. Man hat keine Ahnung! Dass es so gross wird, hätten wir nie gedacht.

 

Wie schätzt du die Situation der Schweizer Landwirtschaft im Moment ein?

Meine Tochter und ihr Mann haben einen Hof, sie betreiben Milchwirtschaft. Ich hoffe wirklich, dass sie über die Runden kommen. Viele möchten bauern, aber die Situation ist nicht rosig, und das war schon bei uns damals so. Man hört so häufig, dass man noch zusätzlich arbeiten muss. Früher konnte man mit 12, 13 Hektaren überleben. Das geht heute nicht mehr, ausser man spezialisiert sich. Unser Nachbar hat zum Beispiel 500 Gänse. Aber das können halt nicht alle.

 

Gab es damals, als du angefangen hast, auch Menschen die gesagt haben: was machst du da eigentlich?

Ja klar, man hat sich schon gefragt. Es war damals noch gar nicht bekannt. Mein Mann und ich waren häufig im Ausland, in Deutschland und Österreich, wo man bereits viel früher mit Direktvermarktung angefangen hatte. Es hat uns sehr geholfen zu sehen, dass es funktionieren kann. Heute ist es natürlich auch in der Schweiz extrem populär.

 

Du bietest ganz viele Produkte an – Dörrfrüchte, Schnaps, süsses Gebäck. Aber am bekanntesten ist dein Brot. Was denkst du, was macht es aus? Was macht dein Brot so unwiderstehlich?

Ich weiss es auch nicht! Man merkt einfach, dass es länger frisch bleibt. Bei der Züpfe ist alles aus Rohmilch – das machen Bäckereien nicht. Es sind alles Zutaten, wie man sie früher gebraucht hat. Nach Ur-Rezept halt. Das merkt man wahrscheinlich schon. Und zum Sortiment – wenn ich Zeit hätte, würde ich gern mehr pröble, und Neues ausprobieren.

 

Was würdest du denn gern ausprobieren?

Zum Beispiel mehr eingemachte Produkte. Wir haben Essig-Mirabellen, Curry-Zuchetti, aber da könnte man noch so viel mehr machen, mit allerlei Gemüse. Eine meiner Töchter arbeitet bei mir, und sie sagt immer, Mami, mach nicht immer noch mehr!

 

Du bist in Mittelhäusern aufgewachsen, hast hier auch deinen Mann kennen gelernt. Als ihr den Hof übernommen habt, habt ihr euch hier permanent eingerichtet. Würdest du Mittelhäusern als deine Heimat bezeichnen? Und falls ja: was macht es für dich aus?

Du fragst Sachen. Wenn man Kinder hat, die hier in die Schule gehen, lernt man andere Eltern kennen, die Nachbarn. Da ist man dann schon vertraut. Klar, wir gehen auch gern weg, und kommen aber immer gerne wieder nachhause. 

 

Gibt es einen Ort auf der Welt, wo du gern einmal hin möchtest?

Ich war einmal in Bali, das war so schön! So, so schön. Es gibt schon schöne Orte auf der Welt. Wenn es sich ergibt, machen wir gerne Reisen, mein Mann und ich. Letztes Jahr waren wir in Dubai. Das war sehr eindrücklich. Aber eben. Woanders leben möchte ich nicht. Ich bin wohl hier.

 

www.anitas-burebrot.ch